Lot 99

1955 Porsche 356 1500

  • Deutsche Auslieferung
  • Bis 2004 in Familienbesitz
  • Originale 79.946 Kilometer Laufleistung
  • Anfang der 1990er bei Porsche restauriert
  • Außergewöhnlich gut dokumentierte Geschichte

Schätzwert

EUR 140.000 – 200.000

Technische Details

Chassis

53211

Motor

P*75659*

Papiere

Deutscher Fahrzeugbrief 1998

Deutscher Fahrzeugbrief 1955 (entwertet)

Auktion

Auktion

CLASSIC EXPO Salzburg
Messezentrum Salzburg
Am Messezentrum 1
5020 Salzburg

Datum

19. Oktober 2024

Besichtigung

18. und 19. Oktober 2024

1950 brach die Porsche Konstruktionen Ges.m.b.H ihre Zelte im beschaulichen Kärntner Exil in Gmünd ab und kehrte an ihren Stammsitz nach Stuttgart zurück. Schon im Jahr davor hatte man mit dem dortigen Karosseriewerk Reutter einen Vertrag über die Fertigung von 500 Sportwagen-Karosserien für den Typ 356/2 geschlossen. Das waren zehnmal so viele, wie in den drei Jahren zuvor in Handarbeit in Gmünd entstanden waren, wo bestenfalls fünf Fahrzeuge im Monat fertiggestellt wurden. Letztlich war damit der entscheidende Schritt vom Konstruktionsbüro zum Sportwagenhersteller von heute getan.

Die Karosserien waren nunmehr aus Stahl und wurden industriell gefertigt. Erwin Komendas stilbildende Formensprache behielten die 356 bei, wurden allerdings entsprechend retuschiert, innen wesentlich mehr als außen. Die Motoren legten sukzessive entsprechend der Wettbewerbsklassen an Kubatur und Leistung zu, um die Begehrlichkeiten des sportlich ambitionierten Klientels zu bedienen. Mit 1951 kam zum 1100er ein 1300er, im Herbst desselben Jahres dann noch ein 1500er. Wenig später sorgten jeweils leistungsstärkere Super-Versionen für eine stattliche Vielfalt an Modellvarianten und ab 1952 wich das unsynchronisierte VW-Getriebe einer vollsynchronisierten Eigenentwicklung. Im selben Jahr bekam der 356 eine einteilige, leicht V-förmige Windschutzscheibe anstelle von zwei mit Mittelsteg geteilten. Wo die zwei zuvor geteilt waren, war nun ein Knick im Glas, dem die von 1952 bis 1955 gebauten Porsche 356 heute noch ihren Rufnamen „Knickscheibe“ verdanken. Eine grundlegende Überarbeitung zum 356 A folgte für das Modelljahr 1956. Bis dahin waren die Pre-A-356 auch mechanisch peu à peu weiterentwickelt worden.

Die Stückzahlen legten schon in den ersten Stuttgarter Jahren beträchtlich zu. In Übersee, wo mit Max Hoffman ein umtriebiger Wiener den Import ankurbelte, traf der Porsche 356 den Zeitgeist punktgenau und entsprechende Rennerfolge wie der Klassensieg in Le Mans befeuerten die Nachfrage im rennsportverrückten Amerika. Der Anteil an Porsche, der über den Atlantik ging, war schon früh beträchtlich größer als jener, der in Europa blieb.

Einer, der in Europa blieb, ist dieser Porsche 356 1500, ausgeliefert am 25. Februar 1955 über die Niederlassung Max Moritz in Reutlingen und zugelassen mit dem Kennzeichen AB-245-459 drei Tage später auf seine erste Besitzerin, Margarete Freifrau von Stengel. Deren Vater war Wilhelm von Finck (1848 – 1924), Haupteigentümer des Bankhauses Merck Finck & Co und später Mitbegründer u.a. der Allianz Versicherungsgesellschaft. Margarete von Stengel, die nach dem Tod ihres Vaters 1924 ein Drittel dessen Anteils am Bankgeschäft geerbt hatte, war bereits 61 Jahre alt als sie 1955 den Porsche anschaffte.

Überliefert ist, dass Frau von Stengel sich standesgemäß von ihrem Chauffeur im Porsche fahren ließ. Als der im Winter 1960 krank darniederlag, soll sie sich am Weg nach Stuttgart selbst hinters Steuer gesetzt haben, fest entschlossen den Motor zu schonen. Dazu soll sie auch auf der Autobahn im zweiten Gang geblieben sein, mit dem Ergebnis, dass ein Ventilkopf brach. Anstelle einer Reparatur versah fortan ein neuer, 60 PS starker Motor vom Typ 616/1 mit der Nummer P-75659 seinen Dienst im Heck des Wagens und hoffte auf ein Gesundbleiben des Chauffeurs. 1962 übersiedelte Margarete von Stengel mit ihrem derart um fünf PS leistungsgesteigerten Porsche 356 an den schönen Starnberger See, wo ab 1965 der Porsche vom Chauffeur nur noch im hauseigenen Park bewegt wurde. Am 14. Juli 1980, seine Besitzerin war da schon 89 Jahre alt, wurde der Wagen, der gerade einmal 60.000 Kilometern gelaufen war, stillgelegt. Im Oktober 1982 verstarb Margarete von Stengel und vermachte den Porsche ihrem Neffen Wilhelm von Finck (1927 – 2003).

Der ließ den Porsche von Oktober 1983 bis Oktober 1984 restaurieren, wie aus einem Brief an das Stuttgarter Porsche Museum vom Oktober 1984 und einem Gutachten von Rolf A. Sprenger vom Dezember 1984 hervorgeht. Etliche Fotos dokumentieren den vollen Umfang der erstmaligen Restaurierungsarbeiten.

Mit Rolf Sprenger, dem Initiator des Sonderwunsch-Programms bei Porsche, blieb Wilhelm von Finck auch in den Folgejahren in Kontakt. Ab 1988 zeugt ein überaus reger Briefverkehr von einem erneuerten Gutachten, von gegenseitigen Besuchen, überaus amikalen Grüßen und kleinen Aufmerksamkeiten. Der Austausch mit Sprenger mündete letztlich in eine erneute Restaurierung des Wagens im Winter 1991/92, dieses Mal bei Porsche in Stuttgart, wofür man in jenen Jahren schon einen ganz speziellen Draht ins Werk brauchte, oder einige Flaschen Wein an Rolf Sprenger. Wilhelm von Finck schrieb selbst, dass die Wiederherstellung nicht unter ökonomischen, sondern eher sentimentalen Aspekten zu betrachten sei. Die vorliegenden Rechnungen von Porsche bestätigen das eindrucksvoll.

2003 verstarb Wilhelm von Finck, aus seinem Nachlass konnte der aktuelle Besitzer den Wagen 2004 erwerben. Sich des außergewöhnlichen Werdegangs dieses Ur-356 voll und ganz bewusst, hegte und pflegte er den Wagen und bewegte ihn ausschließlich mit roter 06er Nummer, sodass die Fahrzeugpapiere bis heute nur auf die Namen der Familie Finck/von Stengel lauten. Diese einzigartige und umfangreich dokumentierte Geschichte, die bis zum originalen Pappdeckelbrief zurückreicht und einen dicken Ordner füllt, sucht zweifelsohne ihresgleichen und spiegelt sich letztlich auch im Zustand des Wagens wider.

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Wolfgang Humer, 0650 7262524

Reinhard Granner, 0699 17127272

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