1939 Lancia Aprilia Serie 2
- Frühes Exemplar der zweiten Serie
- Nach Österreich ausgeliefert
- Umfangreich restauriert
- Matching Numbers
Schätzwert
EUR 28.000 – 38.000
Technische Details
Chassis
438-20387
Motor
16775
Papiere
Österreichische Einzelgenehmigung 1955
Auktion
Auktion
CLASSIC EXPO Salzburg
Messezentrum Salzburg
Am Messezentrum 1
5020 Salzburg
Datum
19. Oktober 2024
Besichtigung
18. und 19. Oktober 2024
Schon 1934, als die Lancia Augusta gerade erst einmal ein Jahr alt war, begann Vincenzo Lancia mit der Entwicklung eines neuen Mittelklassewagens. Stromlinie war damals der letzte Schrei und die neue Mode machte auch vor Lancia nicht halt. Nicht ganz unbeteiligt am Design der Aprilia war ein junger Battista Farina, die Form aber gab der Windkanal des Politecnico di Torino vor. Und die war rund, fast ohne Ecken und Kanten, lediglich der große Kühler stand steil im Wind. Die Aerodynamik ging keineswegs zu Lasten der Passagiere, im Gegenteil, der Innenraum war geräumiger als in der Augusta. Unter das Blech packte Vincenzo Lancia alles, was damals all’avanguardia war. Vorne arbeitete wieder ein V4-Motor, der aus 1.352 ccm 47 PS schöpfte, die selbsttragende Karosserie kam wieder ohne B-Säulen aus, die Bremsen an der Hinterachse lagen innen, an der Vorderachse waren die Räder einzeln aufgehängt. Was nach Rennsport klang, baute Lancia in seine kleine Aprilia. In dieser Klasse war man damit über jegliche Konkurrenz erhaben.
Die Reaktion des Publikums war anfangs verhalten, man traute so viel Science Fiction nicht so recht. Erst als sich die Aprilia als problemlos erwies und bei diversen Rennstrecken zu reüssieren begann. Neben der Limousine konnte auch die Aprilia als Fahrgestell geliefert werden. Daran wussten sich alle namhaften Karosseure ihrer Zeit mit mehr oder weniger gelungenen Entwürfen zu verwirklichen. Die Produktion begann im französischen Werk, wo sie als Ardennes gebaut wurde, eher als in der italienischen Heimat. Mit Citroëns Traction Avant und Fiats 1500 hatte die Aprilia da wie dort Mitbewerber mit überlegener monetärer Potenz im Hintergrund. Vincenzo Lancia erlag am 15. Februar 1937 einem Herzinfarkt und erlebte den Produktionsbeginn seiner Aprilia in Italien nicht mehr mit. Sein Sohn Gianni führte an seiner Stelle die Geschäfte fort.
1939 folgte eine zweite, seconda Serie der Aprilia mit einem überarbeiteten Motor vom Tipo 99 mit auf 1.485 ccm vergrößertem Hubraum, einer auf 49 PS gesteigerten Leistung und einigen wenigen optischen Retuschen. Während gegen Kriegsende die Produktion nahezu zum Erliegen kam, nahm sie nach Kriegsende rasch wieder Fahrt auf. Die Aprilia war auch ein Jahrzehnt nach ihrer Präsentation noch aus jedem Gesichtspunkt zeitgemäß. Bis 1949 entstanden noch einmal 9.728 Aprilia der zweiten Serie und nach insgesamt 27.637 gebauten Stück endete schließlich ihre Produktion.
Ihr guter Ruf eilte den Lancias auch in den Norden über die Dolomiten voraus. In Wien fand sich am Stubenring mit Smoliner & Kratky eine umtriebige Vertretung, die seit 1925 den gesamten deutschsprachigen Raum mit Lancias versorgte. Von dort stammt wohl auch diese frühe Aprilia der zweiten Serie, denn sie bekam schon 1949 in der Besatzungszeit neue Papiere ausgestellt, die 1955 noch einmal erneuert wurden. Zugelassen war sie auf Richard Wachtler im zehnten Wiener Gemeindebezirk Favoriten. Im September 1955 verkaufte der sie an Josef Wuits, der im Stuwerviertel im zweiten Wiener Hieb wohnte, ehe sie im Jahr darauf wieder nach Favoriten zu Ludwig Tucek zurückkehrte. Am 25. August 1958 wurde die Aprilia abgemeldet und sie fiel in einen jahrzehntelangen Dornröschenschlaf.
2003 wurde die Aprilia nach Salzburg verkauft und ihr neuer Besitzer nahm die Restaurierung des Wagens in Angriff. Zehn Jahre später, die Arbeiten waren noch nicht abgeschlossen, verkaufte er sie an den letzten Besitzer. Es sollten noch einmal sechs Jahre vergehen, bis die Aprilia 2019, mehr als ein halbes Jahrhundert, nachdem sie abgemeldet worden war, wieder für den Straßenverkehr zugelassen wurde. Vincenzo Lancia hatte mit der Aprilia ein letztes Meisterwerk von einem Automobil geschaffen, das damals seiner Zeit weit voraus war. Bestes Zeugnis dafür ist diese Aprilia, die genau diesen Eindruck auch heute noch vermittelt.
Wolfgang Humer, 0650 7262524
Reinhard Granner, 0699 17127272